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Maria Lordan

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«Ich wünsche mir doch nur ein ganz normales Leben»

Maria ist Krebs-Mutmacherin. Sie hat alle ihre Fähigkeiten, ihr Wissen und ihren Mut zusammengenommen, um nach der Diagnose Lungenkrebs den Weg zurück ins Leben zu finden und dieses mutig neu zu gestalten. Hier erzählt sie von ihrer eindrücklichen Reise.

«Mit der Diagnose Lungenkrebs wurde ich in eine andere Welt katapultiert, eine Welt aus Diagnosen und Terminen, aus Wartezimmern und Befunden, aus blank gewienerten Krankenhausfluren», erinnert sich Maria. Langsam und mutig machte sie sich auf den Weg zurück ins Leben, in ihr neues Leben. Das machte sie auch zur Krebs-Mutmacherin.

Maria reist gerne, etwa nach Frankreich. Aber auch die Kulturen des südlichen Afrikas und Südamerikas inspirieren sie. «Das Reisen lässt mich innerlich frei fühlen», sagt sie. Maria malt und schreibt auch. Und sie verbringt gerne Zeit mit ihrer Tochter und ihrem Hund. Sie ist Familiencoach sowie Mediatorin und hat sich auf das Coaching von Menschen mit traumatischen Erlebnissen spezialisiert. Die 39-jährige Sozial- und Politikwissenschaftlerin lebt mit ihrer 9-jährigen Tochter in Leipzig.

Jung, voller Träume und dann Lungenkrebs

Es begann mit einem penetranten Husten und Rückenschmerzen. Mit der Zeit fiel ihr zudem das Atmen immer schwerer. Im Oktober 2019 wurde sie geröntgt, ohne Befund. Die Atembeschwerden verschlimmerten sich. Schliesslich bekam sie kaum noch Luft. An einem Wochenende im November musste sie deshalb den Notarzt rufen. Doch erst am Montag suchte sie einen Pneumologen auf, der sie sofort ins Spital einwies. Am nächsten Tag die Diagnose: Lungenkrebs Stadium IV, unheilbar, palliativ. Es kam noch schlimmer. Am zweiten Tag erfuhr sie von Metastasen im Gehirn, am dritten Tag von Metastasen in der ganzen Wirbelsäule. Die Ärzt*innen empfahlen eine Operation der Wirbelsäule, da sonst eine Lähmung drohe. Maria verlangte eine Zweitmeinung. Mit einem unguten Gefühl stimmte sie schliesslich zu und wurde operiert. «Bis zu diesem Zeitpunkt fand ich kaum Zeit an meine Tochter und meinen Partner zuhause zu denken», erinnert sie sich. Klar war, ihr Leben stand Kopf.

Etwa zwei Wochen nach der Diagnose, dann endlich ein Lichtblick. Eine Mutationsanalyse zeigte eine ALK-Mutation, die mit zielgerichteten Medikamenten behandelt werden konnte. Die Ärzt*innen machten ihr Mut. «Jetzt geht es aufwärts», war Maria überzeugt. Und sie bekam recht. «Die Tumore sind durch die Therapie weggegangen und auch nicht wiedergekommen, auch an keiner anderen Stelle», freut sie sich. Nachdem sie das Spital verlassen konnte, wurde noch ihre Wirbelsäule bestrahlt. Leider entzündete sich dadurch ihr Mundraum und sie konnte nicht mehr schlucken. Ein weiterer Spitalaufenthalt folgte. Dann eine erste REHA und ein Jahr spätere eine zweite. Das zielgerichtete Medikament nimmt sie bis heute.

Fragen über Fragen

Als Mama einer damals 5-jährigen Tochter galten ihre ersten Gedanken nach der Diagnose ihr. «Werde ich noch für sie sorgen können, wie wird es sein, ohne Mama aufzuwachsen, wer wird sich um sie sorgen, was wird sie später von mir denken und wird sie sich überhaupt noch an mich erinnern?», fragte sie sich.Maria beschäftigte sich auch mit der Frage nach dem Warum. Besonders, als sie erkannte, dass sie vor der Diagnose nicht auf ihren Körper gehört, Anzeichen übersehen und einfach so daher gelebt hatte, als könnte sie ihrem Körper alles zumuten. Sie kam zum Schluss: Es war definitiv einfach alles zu viel. Dies führte auch zur Frage nach Schuld. «War ich vielleicht sogar selber daran schuld, so krank geworden zu sein, ohne jemals geraucht zu haben?», fragte sie sich. Das verneint sie: «Ich möchte auf keinen Fall sagen, dass ich schuld an irgendetwas bin». Trotzdem plagen sie manchmal Schuldgefühle.

Über das Warum und eine mögliche Schuld nachzudenken, lohnte sich für Maria. «Wenn ich die Wurzel der Erkrankung erkunde, kann ich lernen, es in der Zukunft besser zu machen», ist sie überzeugt. Und sie hat vieles geändert: weniger Stress, neue Arbeitsstelle, mehr im «Hier und Jetzt» leben, sich Wünsche erfüllen.  

Von Angst und Mut

«Ganz zu Beginn meiner Diagnose hatte ich riesige Angst. Angst alles zu verlieren und Angst alleine zu sein. Ich habe nicht daran geglaubt, mein Weg könnte weitergehen. Ich habe nicht geglaubt, dass es diesen mutigen Weg für mich gibt», erzählt sie. Ihrer Angst stellte sie ihren Mut entgegen. Mut, die Angst kennen zu lernen, sich ihr zu stellen. «Wenn ich Angst habe, nicht mehr für meine Tochter da sein zu können, mache ich mir bewusst, dass ich es jetzt noch kann, dass es mir gut geht und dass meine Tochter noch eine grosse Familie hat, die auch für sie da ist. Das zeigt mir, dass ich jetzt keine Angst haben muss», sagt sie dazu.«Darf man mit Krebs mutig sein und sollte man überhaupt mutig sein?», fragte sie sich. Denn vieles, was vorher ganz normal war, galt in ihrem Umfeld plötzlich als zu mutig. Etwa, der grosse Wunsch Marias mit ihrer Tochter alleine zu verreisen. «Ich musste plötzlich viel über ganz Normales reflektieren», erinnert sie sich. Sie entschied sich für ihre Träume und setzt diese – wenn möglich – mutig um. «Nur wer Mut zum Träumen hat, hat die Kraft zu kämpfen», ist sie überzeugt.

Kopf und Bauch

Maria ist Kopf- und Bauchmensch, gut ausbalanciert. Sie reflektiert und recherchiert viel und teilt dies mit anderen etwa in einem Buch, das sie schreibt oder auf Instagram unter jung.mutig.lungenkrebs. Auf der anderen Seite ist sie auch Malerin. «Meine Bilder erzählen meine Emotionen, wie Angst, Wut und Trauer, aber auch meine Sehnsüchte und Träume», berichtet sie und «Kunst ist bei mir meist bunt». Zu sehen waren einige ihrer Bilder in der Kunstausstellung zum Lungenkrebsmonat November von «Leben mit Krebs» in Zürich.

Das Buch, an dem sie arbeitet, ist Lebensgeschichte und praktischer Ratgeber zugleich. «Ich erzähle darin meinen Weg von der Diagnose vor vier Jahren bis jetzt. Mit meinen Tipps möchte ich anderen Betroffenen eine Hilfestellung auf dem Weg emotionaler Heilung geben», sagt sie. Schreiben ist für Maria ein Türöffner in ein mutiges und glückliches Leben. Es ist für sie auch Therapie und Überlebensstrategie.

Darf man bitte schön, auch mal stolz auf sich sein?

Wie geht es Maria heute? «Ich glaube, dass mein Körper vorerst den Krebs besiegt hat, das ist mein Gefühl», sagt sie. «Für mich fühlt es sich manchmal so an, wie in einem Land dazwischen, zwischen einer palliativen Endzeitstimmung und wieder gesund zu sein», reflektiert sie. Und sie erlaubt sich stolz auf sich zu sein: «Denn ich habe es geschafft, vier Jahre ohne Rezidiv zu leben, komplett tumorfrei oder zumindest so, dass kein Tumor mehr nachweisbar ist».

Ein ganz normales Leben

Maria wünscht sich ein ganz normales Leben zu leben. Aber was heisst schon «normal»? «Ist mein Leben jetzt nicht normal mit den vielen Arztbesuchen, Kontrollterminen, Ängsten und Zweifeln?», fragte sie sich. Doch, ihr Leben sei genauso normal wie früher – nur eben anders, meint sie heute.

Und sie hat Pläne neben der anstehenden Veröffentlichung ihres Buches. Sie träumt von einer Kunstausstellung über Lungenkrebs in Leipzig. «Kunst ermöglicht Menschen einen ganz anderen Zugang zu diesem schwierigen Thema», ist sie überzeugt. Und natürlich soll die Ausstellung im Lungenkrebsmonat November stattfinden. Vielleicht schon 2024?

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