Krebs kann durch Mutationen in der DNA entstehen, die gesunde Zellen so sehr verändern, dass sie eine Gefahr für den Organismus darstellen. Die DNA ist eine Art Sammlung von Bauanleitungen für sehr unterschiedliche Stoffe. Mit diesen Stoffen kommuniziert die Zelle nach aussen und reguliert die inneren Abläufe. Diverse biochemische Mechanismen sorgen dafür, dass die Zelle entsprechend ihrer Aufgabe arbeitet, sich vermehrt und irgendwann abstirbt. Ist die Zelle beschädigt, sendet sie entweder Signale an das Immunsystem, welches den programmierten Zelltod von aussen induziert oder sie beginnt sich von allein abzubauen. Damit wird in der Regel verhindert, dass sich beschädigte Zellen teilen. Auf vergleichbare Weise wird auch die Zellteilung gesunder Zellen reguliert und begrenzt.
Werden nun die Bauanleitungen bestimmter Stoffe so verändert, dass die Begrenzungs- und Kommunikationsvorgänge gestört werden, entsteht Krebs. Für eine wirksamen Therapie ist es deswegen erforderlich zu wissen, welche Teile der DNA durch Mutation verändert wurden. Besonders für moderne Therapieformen wie die Immuntherapie und die zielgerichtete Therapie ist eine genaue Analyse der Mutationen unabdingbar.
Die wichtigsten Mutationen
PD-L1 (Programmed death ligand 1)
Das Immunsystem kann entartete Zellen rasch erkennen und beseitigen. Mit dem sogenannten PD-L1 Protein können die Krebszellen das Immunsystem bremsen. Neue Medikamente machen sich diesen Mechanismus zunutze. Sie blockieren PD-L1 und machen somit die Krebszellen wieder für das körpereigene Abwehrsystem angreifbar.
EGFR (epidermal growth factor receptor)
EGFR ist ein Wachstumsfaktor-Rezeptor, der die Zellteilung auslöst. Genetische Veränderungen können allerdings dazu führen, dass der EGFR überaktiv wird. Die Folge ist ein unkontrolliertes Zellwachstum. Diese Mutationen findet man häufiger bei Frauen und Nie-Raucher*innen. Eine EGFR-Mutation kommt insgesamt bei 10 bis 15 Prozent aller nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen vor. Zielgerichtete Medikamente können die Aktivität von EGFR blockieren und so dem unkontrollierten Tumorwachstum entgegenwirken.
ALK (anaplastic lymphom kinase)
Bei Lungenkrebs kann es in den Tumorzellen zu einer Verschmelzung zweier Gene kommen. Eines davon ist das ALK-Gen. Diese Gen-Verschmelzung lässt Tumorzellen ungezügelt wachsen und kommt bei 3 bis 5 Prozent der nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen vor. Insbesondere Nie-Raucher*innen, Frauen und ältere Menschen haben einen Lungentumor mit dieser genetischen Veränderung.
ROS1
Auch ROS1 ist an der Zellteilung gesunder Zellen beteiligt. Ähnlich wie ALK kann auch ROS Teil einer Gen-Fusion sein, wodurch es zu einer vermehrten Zellteilung kommt. Diese genetische Veränderung ist allerdings eher selten.
BRAF
BRAF ist ein Protein, das für das normale Zellwachstum eine wichtige Rolle spielt. Eine BRAF-Mutation kann jedoch unter anderem zu unkontrolliertem Zellwachstum führen und somit zur Bildung von Tumoren beitragen. Zielgerichtete Medikamente können die Aktivität des Proteins blockieren und so das unkontrollierte Zellwachstum verringern. Bei nicht kleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) haben weniger als 5 Prozent eine BRAF-Mutation.
Patient*innen sollten daher ihr Behandlungsteam nach ihrer Diagnose unbedingt nach einer Mutationsanalyse fragen, um die für sie beste Therapie zu ermitteln.